Die türkische Kunst- und Kulturszene hat sich, insbesondere in Istanbul, in den letzten Jahren rasant entwickelt. In den 1980er Jahren haben junge türkische Künstler den Bruch mit der traditionellen Kunst ihres Landes vollzogen, zunächst unbeachtet von der Öffentlichkeit im eigenen Land und der globalen Kunstszene. Nach Jahren der Isolation meldete sich diese Künstlergeneration in den 1990er Jahren auch international zu Wort und setzte politisch engagiert, ästhetisch radikal und mit neuen bildnerischen Argumenten maßgebliche Zeichen. Auch die seit 1987 bestehende Istanbul Biennale erfuhr in dieser Zeit zunehmend an Bedeutung und hat seither einen hohen Stellenwert für die zeitgenössische Kunst, nicht nur in der Türkei. Mit der Biennale von Istanbul wurde die Bildung eines lokalen und internationalen Netzwerks in Gang gesetzt, dessen Ausformung nach wie vor in erster Linie von Privatpersonen und privaten Stiftungen vorangetrieben wird. Einige große Unternehmen und Bankhäuser haben neue Ausstellungsorte eingerichtet, wie etwa Borusan, Platform Garanti oder PROJE 4L, die alle ausdrücklich eine Plattform für die Diskussion neuer und avantgardistischer Tendenzen bilden sollen. Neben dem Mitte der 1990er Jahre gegründeten Istanbul Museum of Contemporary Art entstand kürzlich SantralIstanbul, ein der Bilgi-Universität angegliedertes Museum für zeitgenössische Kunst, das zugleich auch Kultur- und Bildungszentrum ist und das erste internationale Artist-in-Residence Programm der Türkei beherbergt. Um die Jahrtausendwende sprach man angesichts dieser Entwicklung sogar vom "Wunder von Istanbul", ein Phänomen, das nicht zuletzt im Zusammenhang mit den Diskussionen um die EU-Erweiterung damals für besonders hohe Aufmerksamkeit gegenüber zeitgenössischer Kunst aus der Türkei gerade im deutschsprachigen Raum sorgte, wie zahlreiche Ausstellungsprojekte belegen. Mit dem Projektraum Tanas sollen die fortlaufenden Entwicklungen der zeitgenössischen türkischen Kunst weiter verfolgt und in Berlin präsentiert werden - in enger Zusammenarbeit mit türkischen Kulturschaffenden und unabhängig von repräsentativen Pflichten. Tanas versteht sich als Plattform der kontinuierlichen Auseinandersetzung und regelmäßigen Interaktion von türkischen Künstlern und Kuratoren mit dem deutschen und internationalen Publikum. Berlin bildet hierfür den richtigen Standort, sowohl hinsichtlich der hiesigen Kulturlandschaft als auch der gesellschaftlichen und politischen Implikationen. Nicht zuletzt verbindet Istanbul und Berlin seit 1988 eine Städtepartnerschaft, in deren Rahmen durch Stipendienprogramme und Kooporationen kultureller Institutionen ein feines Beziehungsgeflecht im Bereich der Kunst entstanden ist. Der Projektraum Tanas wird von René Block betreut, der damit seine
14.12. – 13.3.2010 Eröffnung: 12. Dezember, 17 – 21 Uh | | TANAS, Heidestr. 50, Aufgang 2, 10557 Berlin Foto: Uwe Walter/Berlin
langjährige Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst aus der Türkei fortführt. Bereits 1994 präsentierte er mit Iskele. Türkische Kunst (ifa-Galerie, Stuttgart) einen Überblick über eine damals noch unbekannte Szene. 1995 setzte er unter dem Titel Orient/ation neue Maßstäbe für die Istanbul Biennale und 1998 folgte die Ausstellung Iskorpit - Aktuelle Kunst aus Istanbul (Haus der Kulturen der Welt, Berlin). Zurzeit ist René Block zudem mit der Herausgabe einer Reihe von Monografien über türkische Künstler beim YKY Verlag, Istanbul, betraut. Tanas entsteht in enger Zusammenarbeit mit der Vehbi Koç Foundation in Istanbul. Die Vehbi Koç Foundation fördert Projekte im edukativen, sozialen und kulturellen Bereich und gründete 1980 mit dem Sadberk Hanim Museum das erste private Museum der Türkei. Das Wort TANAS ist ein Anagramm von Sanat, dem türkischen Wort für Kunst. |